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Wie lebt man in einem HOUSEFUL Haus?


Theresa Heitzlhofer ist bei alchemia-nova zuständig für die Schnittstelle Mensch und Technologie und hat sich im Rahmen der Veranstaltung stand-up innovation #tomorrow living Gedanken gemacht, wie werden wir morgen leben und zwar nicht weche Technologien wir verwenden werden, sondern wie wird sich das für uns Menschen dann anfühlen, was wird sich ändern.

Was ist eigentlich HOUSEFUL?

Das Überthema bei alchemia-nova ist Kreislaufwirtschaft mit NBS. Im EU Projekt HOUSEFUL arbeiten wir daran, elf Kreislauf- Lösungen, wie Grauwasseraufbereitung mit vertikalen Grünswänden und Biogas zu kombinieren, mit dem Ziel, Bestands-Gebäude möglichst zirkulär zu machen.

Ein Teil dieser Lösungen  werden in Spanien und Österreich in bestehenden Gebäuden umgesetzt. In Österreich werden derzeit im 14. Bezirk und in der Lebensgemeinschaft Cambium in Fehring, Steiermark, die ersten Änderungen umgesetzt.   In Wien wird der Abwasserstrom des Gebäudes getrennt in flüssige und feste Bestandtteile. Feste Bestandtteile (Küchenabfälle, Fäkalien, Klopapier,…) werden in einer Biogasanlage auf Haushaltsgröße in Biogas verwandelt, welches als Kochgas verwendet werden kann. Der Rückstand wird nach einer speziellen Kompostierung in Dünger für Lebensmittelproduktion vor Ort transformiert. Alle flüssigen Bestandteile werden über vertikale Pflanzenkläranlagen indoor und an den Gebäudefassaden aufbereitet, die organischen Nährstoffe in der pflanzlichen Biomasse gespeichert und nach Kompostierung ebenfalls in Dünger verwandelt. Das gereinigte Wasser wird für die Bewässerung im Garten bzw. für die Toilettenspülung verwendet.

HOUSEFUL braucht viele Menschen

Im Zuge der ersten Planungen ist uns aufgefallen, dass die meisten vorhandenen technischen Lösungen besser für größere Haushalte anwendbar sind, bzw. für Mehrparteienhäuser. Dieser Umstand bringt soziale Aspekte mit sich. Es macht keinen Sinn, völlig allein autark sein zu wollen, viel eher müssen Gebäude in Clustern, in Verbänden gedacht werden, um organische Wertstoffe möglichst lang und ökologisch sinnvoll im Kreis zu führen. Eine praktische Erfahrung aus unserem Labscale in unserem Büro in Baumgarten: unsere MitarbeiterInnen bringen jetzt den Biomüll von zuhause mit, um das Biogassystem zur Auslastung zu bringen, demnächst fragen wir auch unsere NachbarInnen. Im Demonstrationsgebäude für HOUSEFUL in der Steiermark haben wir das Problem nicht, da wohnen schon sehr viele Menschen in einer ehemaligen Kaserne zusammen.

“Es braucht emotionale Bindung für Partizipation”

Als ich 2005 mit meiner Diplomarbeit zum Thema „Partizipation im Kontext von Nachhaltiger Entwicklung“ begann, war klar, dass Partizipation nur gelingt, wenn eine emotionale Bindung zwischen den Menschen und dem Ort besteht. Diese emotionale Bindung fehlt in den meisten Wohn-Kontexten. In Einfamilienhäusern, in befristet vermieteten Wohnungen mit wenig Kontakt zu NachbarInnen. Aber eine solche Bindung ist derzeit nicht notwendig, oft auch gar nicht erwünscht. In Österreich und anderen Orten auf der Welt gibt es Beispiele von kooperativen Wohnprojekten, in denen gelebte Nachbarschaft ein wichtiger Aspekt ist – in diesen Gebäuden ist eine solche emotionale Bindung sehr wohl möglich und findet meines Wissens nach auch statt.

Wie bekommen wir dieses WIR Gefühl in andere Mehrpartein-Bestandsgebäude? Ist zirkuläres Wohnen nur für alternative Wohnprojekte?

(c) Cambium: Leben in Gemeinschaft

Wenn mein Abwasser viele Kilometer weiter aufbereitet wird, niemand mein Abwasser auf mich zurückführen kann, kann ich in der Toilette so ziemlich alles entsorgen. Wenn mein Abfall zentral behandelt wird, kann ich auch hier so ziemlich alles wegschmeißen.

Nun einmal angenommen in einem Bestands-Mehrparteien-Gebäude wird eine lokale Pflanzenkläranlage errichtet, oder sogar eine gemeinsame Biogasanlage. Selbst wenn es für die Wartung eine zuständige Person vor Ort gibt. ES WERDEN DIE SOZIALEN KONTAKTE RUND UM DIESE ANLAGEN ZUNEHMEN. Die lokale Aufbereitung von Abwasser und die Rückgewinnung von Nährstoffen sowie der Einsatz ebenjener für lokale Produktion wird die BewohnerInnen beschäftigen. Sicher machen nicht alle mit, werden sich nicht alle für die Wirksamkeit der Anlagen interessieren, werden im Störfall nicht alle eingreifen. Aber selbst wenn ein Teil der BewohnerInnen sich dafür interessiert, gewinnen wir:

  • ein Mehr an sozialen Interaktionen,
  • mehr Interesse und Wissen über NBS (Nature Based Solutions)
  • mehr Bewusstsein für Auswirkungen unserer Lebensweisen

Durch diesen Ressourcen-basierten Ansatz bereichern wir die sozialen Interaktionen, bzw. das Partizipationsverhalten von BewohnerInnen um einen anwendungsorientierten Aspekt. Dieser kann helfen, aktuelle und zukünftige Lebensweisen zu hinterfragen und neu auszurichten – und genau das brauchen wir für Nachhaltige Entwicklung.

Um ökologische, soziale und ökonomische Nachhaltigkeit zu erreichen, müssen wir VIEL VIEL mehr teilen, als wir das heute tun. Das muss nicht so weit reichen, wie das Wiener Wort „Haberer“ bezeichnet – Menschen, die sich um die letzte Jahrhundertwende ein Bett geteilt haben – aber doch viel weiter als das heute passiert. Das große Teilen ist noch nicht im Mainstream angekommen. Mit dem ressourcenbasierten Ansatz, den wir im Projekt HOUSEFUL verfolgen, und den neuen digitalen Möglichkeiten können wir dies aber viel einfacher tun.

Die (Kombination der) neuen Technologien erfordert neue Lebensformen, neue Arten des Zusammenlebens, neue Mindsets – die offen sind für NBS. Die IBA zeigt lauter Projekte, die die Entwicklung neuer Mindsets fördern können.

Wunschanforderungen an Neubauten

Neben dem Mindset habe ich noch einen ganz konkreten technischen leicht lösbaren Wunsch für zukünftige Gebäude: separierte Abwasserführung im Neubau um auf diverse Ressourcenströme besser eingehen zu können, um zurückzuholen was geht, um es so lang wie möglich dezentral im Kreis zu führen – um unsere Primärlagerstätten und die Abfallentsorgungsorte zu entlasten – um unsere NachbarInnen kennenzulernen – um unsere Geldbeutel zu schonen.

Das geht übrigens alles auch mit Maske.

Möchten Sie in einem HOUSEFUL Buidling leben? Was auch immer Ihre Antwort sein mag, Sie sollten zu unseren Demonstrationen im Labormaßstab in Baumgarten, 14. Bezirk oder Cambium (Steiermark) kommen, um die Implementierung eines HOUSEFUL Hauses zu sehen. Kontaktieren Sie uns für einen Besuch per E-Mail th@alchemia-nova.net.